Peter Bause als PEER GYNT mit Ovationen gefeiert / Dieter Hallervorden zu Gast bei der Premiere
Koserow. Die neue Sommerspielzeit von „Klassik am Meer“ hat am Freitagabend (5. Juli) in der Feldsteinkirche von Koserow einen spektakulären Anfang genommen. Der große Peter Bause sprach und spielte den PEER GYNT in einer Soloabend-Fassung, die dennoch immer wieder mit Dialogen daher kam, klug in Szene gesetzt von Regisseur Philip Tiedemann. Anders als eigentlich verfasst, erzählt er das lange, verdichtete Leben aus der Rückschau des gealterten Mannes, also wie geschaffen für den 82-jährigen Schauspieler in der Titelrolle. In insgesamt zehn Szenen handelt er die vielfältigen Perioden und Episoden, Enttäuschungen und vermeintlich glücklichen Erfahrungen ab. Erzählt wird die ganz erstaunliche Lebensgeschichte eines Bauernsohnes, der – phantasiebegabt – aus der Enge seines Zuhauses ausbricht, sich in Abenteuer stürzt, die Welt durchquert, um schließlich verarmt wieder in der Heimat zu landen. Hier wartet indes Solvejg auf ihren Geliebten, was Peer Gynts Rettung bedeutet: „In meinem Glauben, in meinem Hoffen und in meinem Lieben“ war sein Sehnen stets in ihrem Herzen, so dass ihm verziehen wird.
Die Zuschauer erleben ein monströses Werk, das dennoch schlicht und sorgfältig bearbeitet ist. Zu dem auf 40 Seiten ausgebreiteten und seit einem halben Jahr (!) gelernten Text in Reimform kommen eine wunderbar sphärische Musik mit Gesang (Henrik Kairies/Krista Birkner), Licht- und Nebeleffekte sowie ein schlichtes Bühnenbild inklusive Ausstattung (Alexander Martynow). Alles samt betörend, ja auch überraschend und mit Augenzwinkern. Bause selbst hat die aufgeführte „ungeheure Menschenerzählung“ Ibsens als ein „Schlachtschiff“ bezeichnet. Dieses gerät in Szene acht zwar in Seenot, aber wird, was das Gesamtwerk anbelangt, vom kleinen Ensemble meisterhaft durch alle Stürme und über Untiefen gesteuert.
Bause und Tiedemann sind sich offenbar einig darin, dass Ibsens Hauptwerk (in seiner Übersetzung von Christian Morgenstern) jede Menge Aktualität verströmt. Bis dahin, dass „wir doch alle so ruhelos geworden sind, so empört, so traurig, so auf uns zurückgeschraubt“, schreibt der Schauspieler im Programmheft. Bause weiß, wie stets in seinen geliebten Monologen, die Bühne ganz allein auszufüllen, Überzeugungen zu transportieren, zu schimpfen und zu geifern, wie nicht gleich ein Zweiter. Sein Tiefgang, seine Vorliebe für Witz und Humor bleiben nicht unentdeckt; doch nie wird aus Satire Klamauk. Er ist und bleibt (hoffentlich noch lange) ein Theaterurgestein auf nahezu allen Bühnen Deutschlands.
Daher dürfte ihn wie die „Klassiker“ allesamt um Jürgen Kern auch gefreut haben, dass Dieter Hallervorden und seine Partnerin Gäste der Premiere waren und in den vielstimmigen Jubel, den Beifall und die Bravorufe einstimmten.
In der ausverkauften Kirche hat Koserow ein neuerliches Glanzlicht tiefgründigen Theaterspiels erlebt. Weitere neun Mal ist bis zum 12. September noch Gelegenheit dazu, dem zu folgen.
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